Medienmitteilung zRating Studie 2023

Sep 14, 2023

Zürich, 14. September 2023 – Swisscom behauptet sich mit stolzen 83 Punkten als führendes Unternehmen in Sachen Corporate Governance unter den börsenkotierten Unternehmen in der Schweiz. Gemäss der neuen zRating-Studie von Inrate gewinnt die Telekommunikationsgruppe vor Orior (82) und VAT Group (81). Der Vorjahressieger Orior wurde damit vom ersten Platz verdrängt. Die grössten Aufsteiger sind Kardex (+ 58 Ränge), Flughafen Zürich (+ 57 Ränge) sowie Schweiter Technologies (+ 54 Ränge). Kräftige Antreiber dieser positiven Entwicklungen sind vor allem auch Umwelts- und Diversitätsaspekte — ganz im Sinne der nachhaltigen Entwicklung.

Bereits die fünfzehnte Ausgabe der zRating-Studie ist diesen Mittwoch in den Druck gegangen. Inrate analysiert dabei die Corporate Governance von 169 börsenkotierten Schweizer Gesellschaften anhand der Statuten, Geschäftsberichte und der Entscheidungen an den Generalversammlungen (GV). Es werden 68 quantitative und qualitative Kriterien ausgewertet und mittels eines Scoring-Modells bewertet. Im Vergleich zum Vorjahr wurde beim Kriterium «Kompetenzen des Verwaltungsrats» zusätzlich darauf geachtet, ob Kompetenzen im Bereich der Nachhaltigkeit vorhanden sind, zumal diese Kompetenz allgemein, sowie auch bezüglich der zunehmenden Wichtigkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung, an Bedeutung gewinnt. Insgesamt konnten weiterhin maximal 100 Punkte erreicht werden. Mit dem Rating identifiziert Inrate potenzielle Unternehmensrisiken aus Sicht der Corporate Governance, die auf den Unternehmenswert durchschlagen und sich deshalb negativ auf den Minderheitsaktionär auswirken können. 

Swisscom gewintt vor Orior und VAT Group

Gewinner der diesjährigen Corporate Governance-Bewertung ist Swisscom mit 83 Punkten. Die Telekommunikationsgruppe hat gegenüber dem Vorjahr 1 Punkt dazugewonnen. Für das Geschäftsjahr 2022 wurden die vorhandenen Kontroversen nicht mehr als wesentlich beurteilt, womit in der Sub-Kategorie (5.1) «Nachhaltigkeit» das Punktemaximum (5 Punkte) erreicht werden konnte. Der Vorjahresgewinner Orior muss sich mit 82 Punkten und damit einem Punkt weniger auf Platz 2 einreihen. Beide Unternehmen erreichten seit 2021 immer das Podest.

Erstmals unter die Top-3 schafft es die VAT Group mit 81 Punkten (2017: Platz 100). Der Vakuumtechnikspezialist aus Haag im Rheintal ist hauptsächlich aufgrund der Verbesserung der Mitwirkungsrechte durch das Streichen der Opting Out-Klausel (+ 4 Punkte) aufgestiegen. Zudem hat sich der Frauenanteil im Verwaltungsrat erhöht und es wurden Angaben zu CO2-Zielen gemacht.

Bei den Aufsteigern sticht vor allem Kardex mit einer umfassenden Statutenrevision hervor: Der Lagertechnikspezialist hat das Opting-Up abgeschafft und die nachhaltige Wertschaffung als Unternehmenszweck in den Statuten verankert. Ebenso wurde der Frauenanteil im Verwaltungsrat gesteigert. Kardex hat insgesamt 9 Punkte mehr erzielt als im Vorjahr und ist damit 58 Ränge aufgestiegen (von 79 auf 21). Der Flughafen Zürich gewinnt ebenfalls 9 Punkte dazu und verbessert sich um 57 Plätze. Der Flughafenbetreiber hat sich in Bezug auf den Verwaltungsrat verbessert (u.a. unabhängiger und verbesserte Kompetenzabdeckung), führt eine Selbstevaluation des Verwaltungsrats durch und legt neu die Sitzungsteilnahme der Verwaltungsratsmitglieder im Geschäftsbericht offen. Schweiter Technologies konnte sich insbesondere in der Kategorie «Aktionariat und Aktienkategorien» durch die Umwandlung der Inhaberaktien in Namenaktien (+5 Punkte) steigern.

Umsetzung des revidierten Aktienrechts prägte die Generalversammlungssaison

Rund 81 % der börsenkotierten Schweizer Unternehmen entschieden sich dafür, bereits im Rahmen der Generalversammlung 2023 ihre Statuten an das neue Aktienrecht anzupassen. Aktionär*innen sahen sich damit im Durchschnitt mit 23.4 Abstimmungen pro Generalversammlung konfrontiert, was rund 3 Abstimmungen mehr im Vergleich mit dem Durchschnitt der Vorjahre bedeutet (+12.5 %). In diesem Jahr wurden bisher 9 Traktanden von den Aktionär*innen abgelehnt (Vorjahr: 6), davon alleine 3 bei der Credit Suisse. Die Aktionär*innen der Credit Suisse, von Leonteq und SGS, lehnten das vorgeschlagene Kapitalband ab. Generell wurden die Anträge zur Schaffung eines Kapitalbands mit einem «Ja»-Anteil von 91.3 % und diejenigen zu weiteren Statutenänderungen im Zusammenhang mit dem revidierten Aktienrecht von 94.9 % gutgeheissen. Im Schnitt über alle Traktanden hinweg lag die Zustimmungsquote der Aktionär*innen bei 94.0 % (2022: 93.9 %). 

Die Statutenrevisionen zur Anpassung an das zwingende Aktienrecht wurde von vielen Unternehmen genutzt, um weitere Corporate Governance Aspekte in den Statuen anzupassen. So haben sich 113 der 169 Gesellschaften dazu entschieden, in dieser Saison die statutarische Grundlage für eine virtuelle, hybride oder Präsenzversammlung im Ausland zu schaffen. Zwei Unternehmen, Swatch Group und Aevis Victoria, führten bereits die Generalversammlung 2023 in virtueller Form durch. Weiter entschieden sich erfreulicherweise Schweiter Technologies, Phoenix Mecano und Carlo Gavazzi dazu, die Inhaberaktien in Namenaktien umzuwandeln. Ebenso wurde die gesetzlich zwingende Neudefinition von Drittmandaten ausserhalb der Gesellschaft von 36 Unternehmen genutzt, um zugleich die Anzahl erlaubter Drittmandate anzupassen. 

Die diesjährige Generalversammlungssaison zeichnete sich weiter durch eine fast vollständige Absenz von sichtbarem Aktionärsaktivismus aus. Mit zwei ausserordentlichen Generalversammlungen bei GAM (davon eine schlussendlich abgesagt) und zwei Aktionärsanträgen bei IVF Hartmann, haben die Aktionär*innen das Traktandierungs- sowie Einberufungsrecht einer Generalversammlung nicht stark wahrgenommen. Trotz tieferer Schwellen für die Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte der Aktionär*innen dürfte ein «Shareholder Proposal»-Trend wie in den USA (bspw. Amazon mit 18 Aktionärsanträgen in einer Versammlung) aufgrund der unterschiedlichen Verbindlichkeit solcher Anträge und der Generalversammlungskultur für die Schweiz auch nächstes Jahr nicht eintreffen. 

Mit einer nahezu 50:50 Verteilung (47.7 % weiblich) zwischen beiden Geschlechtern bei den Verwaltungsratsneuwahlen und stark steigendem Frauenanteil in den Verwaltungsratsgremien seit 2020 ist ein Grossteil der börsenkotierten Schweizer Unternehmen auf gutem Weg, diesen Geschlechterrichtwert für ihre Verwaltungsratsgremien zu erfüllen. Der Wunsch nach mehr Frauen im Verwaltungsrat schlägt sich ebenfalls in den Zustimmungsquoten an der Generalversammlung nieder. Weibliche Kandidatinnen erreichen im Durchschnitt eine Zustimmungsquote von 96.1 %, die damit um rund 0.9 Prozentpunkte höher ist als die männlichen Pendants. Aktuell erreichen 75 (44 %) der untersuchten Unternehmen einen Frauenanteil im Verwaltungsrat von mindestens 30 %. Berücksichtigt man hier noch die Vorgabe von mindestens 20 % für die Geschäftsleitungsgremien, so erreichen zum jetzigen Zeitpunkt 33 Unternehmen (20 %) beide Richtwerte. 

Im Vergleich zum Vorjahr ist der Median der CEO-Saläre von CHF 1.5 Mio. auf CHF 1.3 Mio. gesunken, wobei die Bestverdiener der SMI Unternehmen eine Vergütung von CHF 8.6 Mo. (Median; Vorjahr: CHF 7.7 Mio.) erhalten haben. Damit konnten die CEOs von grosskapitalisierten Unternehmen von grösseren Vergütungspaketen profitieren. Der Topverdiener war Roche CEO Severin Schwan mit CHF 15.9 Mio., gefolgt von UBS CEO Ralph Hamers mit CHF 13.5 Mio. und Richemont CFO Burkart Grund mit CHF 12.9 Mio. 

Nachhaltigkeitstrend in der Corporate Governance setzt sich weiter fort

Die Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Corporate Governance hat wie im Vorjahr auch dieses Jahr zugenommen. 41 Unternehmen haben mittels Beschlusses an der diesjährigen Generalversammlung die nachhaltige (oder langfristige) Wertschaffung als Zweck in den Statuten verankert (Total: 57 Unternehmen von 169). Die Verankerung dient der Verpflichtung des Verwaltungsrats und der Legitimität durch das Aktionariat. 

Auch bei Vergütungssystemen gewinnt Nachhaltigkeit nach wie vor an Bedeutung. Bei 49 % der Unternehmen haben ESG-Kriterien einen Einfluss auf die variable Vergütung (Vorjahr: 47 %). Daneben legten die Unternehmen Berner Kantonalbank, Calida, Interroll, Romande Energie, UBS, Credit Suisse und Holcim ihren Aktionär*innen bereits auf konsultativer Basis Nachhaltigkeits- oder vergleichbare Berichte zur Genehmigung vor.  

Die ersten Berichte über nichtfinanzielle Belange müssen von den meisten börsenkotieren Schweizer Aktiengesellschaften in der kommenden Generalversammlungssaison 2024 publiziert und durch die Generalversammlung gutgeheissen werden. Es ist zu erwarten, dass die betroffenen Unternehmen die geforderten Informationen in einem separaten Bericht veröffentlichen oder einen Gesamtbericht über Nachhaltigkeit publizieren, mit einer expliziten Kennzeichnung oder Hervorhebung der geforderten Informationen über nichtfinanzielle Belange gemäss Art. 964b Abs. 2 OR. 

Neben dem Bericht über nichtfinanzielle Belange laufen weltweit Bestrebungen zu nichtfinanziellen Informationen (hinsichtlich erhöhter Transparenz), um die Nachhaltigkeit besser messbar zu machen. Mehr Transparenz ist zu begrüssen, jedoch ist es noch unsicher, ob zusätzliche Informationen immer mehr Klarheit schaffen. «Der Wert von Transparenz hängt von der Relevanz der Informationen ab. Ausserdem sorgt die Informationsmenge nicht per se dafür, dass bessere Entscheidungen getroffen werden, da die Informationsverarbeitung nie kostenlos ist. Die Herstellung von Transparenz ist – wie üblich – nur dann sinnvoll, wenn der Nutzen die Kosten übersteigt», meint Wapf. 

Im Generellen freut sich Inrate über die durch die Studie erlangten Erkenntnisse, die eine Tendenz zur nachhaltigen Entwicklung zeigen. Es wird auf einen stetigen Aufwärtstrend gehofft, der sich auch in der nächsten Studie im Jahr 2024 abzeichnen wird. 

Wenn Sie mehr über unsere Untersuchungen erfahren wollen, können Sie die ganze Studie hier bestellen: